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Skat-Philosophie

Skat-Philosophie

Hier könnt ihr meine skatphilosophischen Überlegungen nachlesen.

Kapitel 1: Der Glücksaspekt beim Skat

Das erste Kapitel meiner skatphilosophischen Rubrik dreht sich um das Verständnis von „Glück“ beim Skatspiel und zeigt Möglichkeiten auf, wie man mit diesem Faktor am besten umgeht.

Die Frage, ob Skat in erster Linie ein Glücks- oder Strategiespiel darstellt, ist in Spielerkreisen schon immer umstritten gewesen. Je größer der skatsportliche Erfolg ist und je höher das spielerische Niveau eines zu diesem Thema befragten Skatspielers eingeschätzt wird, desto eher neigt dieser Spieler dazu, den strategischen Aspekt des Skatspiels in den Vordergrund zu stellen. Aber vielleicht haben diese Spieler auch nur mehr Glück als andere? Es steht jedenfalls fest, dass beim Skat kein Spieler ohne das entsprechende Glück Erfolg haben kann. Das betrifft in erster Linie die komplette Kartenverteilung, insbesondere die Karten, die ein Spieler auf die Hand bekommt, und natürlich auch die beiden Karten des Skats, die der Alleinspieler aufnimmt. Handelt es sich hierbei um gute Karten und sind die anderen Karten zudem gut verteilt, hat der Alleinspieler nicht nur Glück, sondern ist auch glücklich. Doch wie oder als was sollen wir dieses Glück verstehen?

Ich möchte zwischen drei verschiedenen Glücksdefinitionen unterscheiden, die mir, ohne neu zu sein, für das Skatspiel eingefallen sind. Zum einen kann man Glück als grundlose, aber gewollte Zuwendung durch eine unbekannte höhere Macht verstehen, wobei als Synonym hierfür der Begriff Schicksal gelten soll. Wer hat noch nicht die Spieler gesehen, die immer wieder vom Kartenglück umgelaufen werden, obwohl sie dieses nach eigenem Empfinden nicht verdient haben? Etwa weil es ihr „Schicksal“ ist? Dennoch muss dieser Umstand einem als gewollt erscheinen, denn warum bekommen diese Leute andauernd gute Karten, während man selbst natürlich nie ein gutes Spiel kriegt…Wäre es nicht besser, wenn man sich sein Kartenglück verdienen müsste? Auch hieran kann man anknüpfen, wenn auch nur durch einen paradoxen Umkehrschluss. Definieren wir Glück also in einem zweiten Versuch als begründete und gewollte Zuwendung (bzw. bei seinem Ausbleiben als begründete und gewollte Abwendung) durch eine unbekannte höhere Macht. Nun kann man sagen, dass sich jeder sein Kartenglück verdienen muss, aber nur, weil dies eine zwingende Folge des von uns festgelegten Systems ist, dass hinter dem Erleben oder Ausbleiben von Glück Grund und Wille einer höheren Macht stecken. Hiernach hat somit jeder, der Kartenglück hat, sich sein Glück aus irgendeinem Grund verdient, und diejenigen ohne Kartenglück müssen sich fragen, warum ihnen dieses Glück nicht zuteil wird. Vielleicht sind sie ja schlechte Menschen, voller Neid und Hass, behandeln andere Menschen schlecht oder arbeiten nicht an ihren Fehlern. Es gibt unzählige mögliche Gründe; deswegen wird man immer einen finden, um das Haben oder Nichthaben von Glück erklären zu können. Positiver Nebeneffekt dieser Sichtweise ist: Das (Nicht-)Vorhandensein von Glück bekommt einen Sinn. Doch die Folgen können verheerend sein: Viele könnten zwanghaft versuchen, sich ihr Kartenglück zu verdienen. Jede Pechsträhne entwickelte sich zu einem persönlichen Dilemma. Wer aber umschwenkt und sich gerade nicht um sein Glück „bemüht“, könnte genauso vom Glück verlassen sein bzw. werden. Und manchmal will es einfach keinen Sinn ergeben, warum der eine Spieler – bekanntermaßen ein arrogantes Arschloch – mehr Kartenglück als der andere – ein liebenswerter, sympathischer Mensch – hat.

Wir benötigen demnach eine dritte Definition von Glück. Die bisherigen Kombinationen – grundlos + gewollt und begründet + gewollt – waren nicht zufrieden stellend. Eine grundlose, aber trotzdem gewollte Zuwendung wird als ungerecht empfunden („Warum er und nicht ich?“). Wer will sich schon damit abfinden, dass andere, weil es ihr „Schicksal“ ist, immer mehr Glück haben? Der Gedanke, dass jeder sich sein Glück verdienen muss, ist jedoch auch unbefriedigend. Was sind die Verdienstkriterien, wenn „schlechtere“ Menschen – auch noch durch die höhere Macht gewollt – mehr Glück haben? Muss man vielleicht sogar rücksichtslos sein, um sich sein Glück zu verdienen? Eine unerträgliche Vorstellung! Was uns nach alledem stört, ist das „Gewollte“, weil es keinen Sinn ergibt, dass eine höhere Macht einem bestimmten Menschen mehr Glück zukommen lässt als anderen Menschen. Da die Kombination begründet + ungewollt keinen Sinn ergibt, bleibt nur noch eine Mischung aus grundlos und ungewollt. In einem dritten Definitionsversuch kann man Glück daher als die grundlose und ungewollte Zuwendung (bzw. bei seinem Ausbleiben als grundlose und ungewollte Abwendung) durch eine unbekannte höhere Macht beschreiben, wobei hier der Begriff „Zufall“ ein passendes Synonym abgibt. Vielleicht erhält das Glück erst dadurch einen Sinn, dass sein Auftreten oder Ausbleiben gerade keinen Sinn ergibt. Warum sollte sonst jemand z. B. fünf gute Spiele hintereinander bekommen? Immerhin wurde nach jedem Spiel gut gemischt und abgehoben, und jeder andere hätte dieses Spiel auch bekommen können.

Wenn Glück jedoch keinen Sinn ergeben kann oder soll, geht die Suche nach einem Grund wieder von vorne los – das ist das große Dilemma eines jeden Skatspielers. Man könnte nämlich auf Idee kommen, die verschiedenen Glücksfaktoren wissenschaftlich zu analysieren, um sein eigenes Glück, sofern es dann noch welches ist, zu maximieren. Wie liegen die Karten vor dem Mischen? Wie mische ich am besten? Wie hebe ich, abhängig vom Mischen, am besten ab? Sitze ich in Vor-, Mittel- oder Hinterhand? Wie beeinflusst die nach den bisherigen Faktoren wahrscheinliche Kartenverteilung, ob ich spiele und wenn ja, welches Spiel ich ansage? Aber ergeben diese Fragen einen Sinn? Voraussetzung dafür ist, dass die besagten Vorgänge – Mischen, Abheben etc. – berechenbar sind und berechnet werden. Selbst wenn man eine Berechenbarkeit bejaht, so laufen diese Vorgänge trotzdem bei allen Skatspielern unbewusst bzw. ungewollt, d. h. ohne bestimmtes Ziel ab. Auch diejenigen, die immer dieselbe Mischtechnik verwenden und die gleiche Anzahl an Karten abheben, wissen, dass sie damit kein dauerhaftes Plus an Glück für sich oder irgendjemanden garantieren können – selbst wenn sie dieses Plus öfter erreichen als verfehlen. Insoweit bleibt es bei der bereits seit langem bestehenden Erkenntnis: Man kann sein Glück nicht erzwingen. Wie denn auch, wenn Glück bloß die positive Ausformung eines grundlosen und ungewollten Zufalls durch eine unbekannte höhere Macht ist? Vielleicht kann diese unbekannte höhere Macht den Zufall nicht einmal schematisieren oder gar kontrollieren – oder sie ist der Zufall selbst.

Fazit: Damit man beim Skatspiel Glückseligkeit erreicht, sollte man akzeptieren, dass man sein Glück nicht beeinflussen kann, sondern es so nehmen muss, wie es kommt. Niemand hat Einfluss darauf, welche Karten er bekommt, wie die Karten bei den Mitspielern sitzen und ob bzw. wann er oder sie von anderen Umständen (z. B. Regelverstöße oder grobe Spielfehler) profitiert bzw. dadurch andere profitieren lässt. Hiervon gibt es nur eine Ausnahme: Wer strategischer und geschickter spielt, wird das Glück öfter auf seiner Seite haben. Ist dieses Glück selbst herbeigeführt, begründet, gewollt oder sogar verdient? Womöglich, denn hierfür gibt es ein Synonym, auf das man sich im Skatsport neben dem Spaß einzig konzentrieren sollte: Leistung. Dann hat man manchmal das nötige Glück, z. B. das „Glück des Tüchtigen“ – oder man hat es eben nicht. Wegen des Glücksfaktors spielen wir doch überhaupt erst Skat: Wer ein Spiel spielen möchte, das nur aus Berechnung und überhaupt nicht aus spielerischem Glück besteht, der hält sich an Schach. Früher habe ich neben Skat ebenfalls Schach gespielt, und auch wenn ich es als intellektuelles Spiel schätze, so ist es doch ein egozentrisches, einsames Spiel. Dort, wo man auch Glück braucht, spielt man demgegenüber zusammen, und inzwischen ist das für mich die einzige Form von Glück, über die ich mir noch Gedanken mache.