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Aktuelle skatrechtliche Entwicklungen

Aktuelle skatrechtliche Entwicklungen

Hier könnt ihr euch über die aktuellen Entwicklungen im Skatrecht informieren, sofern und soweit mir diese bekannt sind. Um diese Rubrik zu unterstützen, kann ich nur jeden Besucher meiner Homepage darum bitten, mir aktuelle und bislang nicht entschiedene Fälle samt Entscheidung zuzuschicken, mit denen sich das Deutsche bzw. Internationale Skatgericht in letzter Zeit befasst hat.

„Erweiterung“ von 4.3.5 ISkO

Durch Streitfall 136 (abgedruckt in der Februar-Ausgabe des Skatfreundes) hat die Spielabkürzung der Gegenpartei kürzlich eine „Erweiterung“ erfahren, die mit Wortlaut und Zweck von 4.3.5 ISkO überhaupt nicht vereinbar ist. Folgenden Sachverhalt hatte das Deutsche bzw. Internationale Skatgericht zu entscheiden: „Der Alleinspieler sitzt bei einem Herz-Spiel nach dem 8. Stich in Vorhand. Er überlegt lange, welche Karte er zum 9. Stich ausspielen soll. Vorhand führt Kreuz-Bube und Herz-8. Mittelhand hat noch Karo-König und Karo-9. In Hinterhand befinden sich Herz-Ass und Herz-9. Die Überlegungen von Vorhand dauern Hinterhand zu lange. Sie zeigt ihre beiden Trumpfkarten und erklärt gleichzeitig: „Ich mache noch einen Trumpfstich.“ Der Alleinspieler verlangt nun wegen Kartenverrats beide Reststiche. Hinterhand stellt fest, dass die Gegenspieler bereits 49 Augen haben und mit seinem Herz-Ass auf 60 Augen kommen. Der Alleinspieler reklamiert, dass Hinterhand mit dem Vorzeigen seiner Karten nicht gleichzeitig auf diesen Umstand hingewiesen hat. Wie ist zu entscheiden?“ Als ich diesen Sachverhalt las, ärgerte mich darüber, dass es wieder nur ein ganz gewöhnlicher Fall in den Skatfreund geschafft hat. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht wissen, was wirklich ungewöhnlich an diesem Fall war und meinen Glauben an die Vernunft der Menschheit erneut schwer erschütterte – die Entscheidung: „Der Alleinspieler hat sein Herz-Spiel verloren. Der Gegenspieler hat mit dem Vorzeigen seiner Karten eine Spielabkürzung vorgenommen und erklärt, dass er noch einen Stich (mit dem Trumpf-Ass) erhält. Wenn die Gegenspieler mit dem Trumpf-Ass auf 60 (oder mehr) Augen kommen, ohne dass der zweite Gegenspieler Augen dazu geben muss, hat der Alleinspieler sein Spiel verloren. Der Spielverlust hätte sich auch bei regulärem Weiterspielen so ergeben. Anders wäre zu entscheiden, wenn die Gegenpartei zu diesem Zeitpunkt nur 48 (oder weniger) Augen liegen hat und zum Spielgewinn noch eine Bild- oder volle Karte des zweiten Gegenspielers benötigt. In diesem Fall wäre das Vorzeigen der Karten als unberechtigter Eingriff in das laufende Spiel zum Nachteil des Alleinspielers (Kartenverrat) zu werten und der Alleinspieler hätte sein Spiel gewonnen.“ Die verallgemeinerte Essenz dieser Entscheidung lautet somit: Ein Gegenspieler darf bereits dann (in Verbindung mit einer Erklärung) offen spielen, wenn er noch einen sicheren Stich macht, mit dem er – ohne Augen des anderen Gegenspielers zu benötigen – für die Gegenpartei (mindestens) das sechzigste Auge einfährt. Wichtig ist jedoch nicht, was das Deutsche bzw. Internationale Skatgericht sagt, sondern was in der ISkO steht, die selbst für die Skatgerichte gilt. 4.3.5 ISkO besagt nämlich: „Ein Gegenspieler darf bei einem Farb- und Grandspiel nur dann offen spielen, wenn er unabhängig von Kartenstand und Spielführung alle weiteren Stiche macht. Andernfalls gehören sie dem Alleinspieler. Die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 gelten entsprechend.“ In Streitfall 136 spielt der Gegenspieler aber offen, obwohl er nicht einmal in der konkreten Situation alle weiteren Stiche macht. Wie kann man also diese Entscheidung „rechtfertigen“? Richtig, indem man 4.3.5 ISkO in der Entscheidung nicht mit einem Wort erwähnt. Merkwürdig ist nur, dass der Gegenspieler laut Entscheidungsbegründung „mit dem Vorzeigen seiner Karten eine Spielabkürzung vorgenommen“ hat. Dabei kann es sich nur um eine Spielabkürzung nach 4.3.5 ISkO handeln, deren wichtigste Voraussetzung – das Machen aller Stiche durch den abkürzenden Gegenspieler – bereits nicht erfüllt ist. Vergleiche mit der bisherigen Skatgerichtsrechtsprechung verbieten sich ebenfalls. Zu denken wäre höchstens an den Fall, in dem ein Gegenspieler bei einem Farbspiel des Alleinspielers das „Trumpf-Ass“ als höchsten im Spiel verbliebenen Trumpf hält, die Gegenpartei bereits 49 Augen erlangt hat und besagter Gegenspieler verlauten lässt: „Ich führe noch das Trumpf-Ass. Du kannst nicht mehr gewinnen.“ (Entscheidungssammlung des Deutschen Skatgerichts, 4.2.9 ISkO, Fall 7, S. 152; vgl. hierzu auch „Skat: Streitfälle vor Gericht“, [Entscheidung zu] Streitfall E13, S. 56, 57, 181, 182). Hierbei hat der Gegenspieler keine Spielabkürzung vorgenommen, da er seine Karten weder aufgelegt noch vorgezeigt hat. Es lag nur deswegen kein Kartenverrat vor, weil der Gegenspieler nur das gesagt hat, was sich nach dem gewöhnlichen Spielverlauf ergeben hätte. So argumentiert das Deutsche bzw. Internationale Skatgericht auch in Streitfall 136, missachtet dabei allerdings einen wichtigen Grundsatz: Spielabkürzung und Kartenverrat schließen sich gegenseitig aus. Wenn eine Spielabkürzung vorliegt, muss nach 4.3.4, 4.3.5 ISkO verfahren werden, und nach 4.3.5 ISkO spielt es eben keine Rolle, dass der abkürzende Gegenspieler den entscheidenden Stich nach dem gewöhnlichen Spielverlauf in jedem Fall gemacht hätte. Es kommt bei Spielabkürzungen nur darauf an, ob die Voraussetzungen von 4.3.4, 4.3.5 ISkO erfüllt sind, was hier eindeutig nicht der Fall ist. Ein weiterer Unterschied zum eben erwähnten Vergleichsfall liegt darin, dass in Streitfall 136 das Trumpf-Ass nicht den höchsten noch im Spiel befindlichen Trumpf darstellt. Sofern man 4.3.5 ISkO ignorieren will, wäre das aber doch wenigstens eine Grundvoraussetzung dafür, um eine Vergleichbarkeit der beiden Fälle (und damit auch eine jeweils gleiche Entscheidung) bejahen zu können (was man allerdings aus oben genanntem Grund ohnehin nicht tun kann). Apropos: Unverständlich bleibt auch, warum das Deutsche bzw. Internationale Skatgericht dem abkürzenden Gegenspieler die Möglichkeit einer einschränkenden Erklärung wie in 4.3.4 ISkO gewährt, obwohl 4.3.5 ISkO diese Option bewusst und ausdrücklich nicht anbietet. Hierfür und für die gesamte Entscheidung kann es nur einen Grund geben: Die Skatrichter versuchen aus wertungsbedingten Motiven heraus, dem Alleinspieler entgegen der ISkO den Spielgewinn zu verwehren. Doch in welche Richtung wird sich der Skatsport erst entwickeln, wenn Regelverstöße einer Partei ignoriert werden, nur weil sie ohne den Regelverstoß und bei einem gewöhnlichen Spielverlauf das Spiel gewonnen hätte? Da das eine rhetorische Frage sein soll, fasse ich zum Schluss noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen: 1. Spielabkürzung und Kartenverrat stehen im Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander: Liegt eine Spielabkürzung vor, scheidet Kartenverrat aus und die spielrechtlichen Folgen richten sich allein danach, ob die Voraussetzungen von 4.3.4, 4.3.5 ISkO vorliegen oder nicht. 2. Spielabkürzungen der Gegenpartei nach 4.3.5 ISkO sind nicht mithilfe einschränkender Erklärungen zulässig, da 4.3.5 ISkO diese Einschränkung im Gegensatz zu 4.3.4 ISkO bewusst nicht anbietet. 3. Wertungsbedingte Ausnahmen von 4.3.5 ISkO sind – so wie die Skatrechtsprechung in 4.3.5er-Fällen bislang auch verfahren ist (mit Ausnahme vom aktuellen Streitfall 136) – in keinem Fall erlaubt. In Streitfall 136 hätte der Alleinspieler also sein Spiel gewinnen müssen, da der Gegenspieler vor Spielentscheidung eine misslungene Spielabkürzung nach 4.3.5 ISkO vorgenommen hat, so dass die weiteren Stiche alle dem Alleinspieler gehören. Übrigens: In Anlehnung an den oben genannten Vergleichsfall (Entscheidungssammlung, Fall 7 zu 4.2.9 ISkO) wäre eine andere Entscheidung nur dann denkbar (aber nicht wünschenswert) gewesen, wenn der Gegenspieler in Streitfall 136 seine Karten nicht vorgezeigt und damit keine Spielabkürzung vorgenommen hätte. Um diese Konstellation ging es aber nicht in Streitfall 136, so dass die Entscheidung des Deutschen bzw. Internationalen Skatgerichts hierzu nur als Rechtsbruch bezeichnet werden kann.

„Gereizte Spielansagen“

In „Skat: Streitfälle vor Gericht“ haben sich die Streitfälle B1, B2 und dessen Abwandlung mit „gereizten Spielansagen“ (Spielansagen während des Reizens anstelle von Reizwerten) beschäftigt. Aufgrund eines neuen Urteils des Deutschen Skatgerichts muss ich hierzu allerdings etwas ergänzen. Die genannten Streitfälle sind zwar nach wie vor „offiziell richtig“ entschieden, jedoch sind meine in Streitfall B2 getätigten Äußerungen nicht verallgemeinerungsfähig. Streitfall B2 ist der berüchtigte „Grand-Hand-Fall“ (vgl. den „interessanten Streitfall“ 107): Der zukünftige Alleinspieler sagt während des Reizens „Grand-Hand“. Als er damit Alleinspieler geworden ist, nimmt er den Skat auf, drückt zwei Karten und sagt einen „Kreuz“ an. Dadurch verliert er natürlich seinen „Grand-Hand“. Diese Ansage stellt nämlich laut Deutschem Skatgericht eine gültige und unabänderliche Spielansage im Sinne von 3.4.7 ISkO dar, obwohl sie während des Reizens geäußert wurde. Demnach verliert der Alleinspieler seinen „Grand-Hand“ gemäß 3.4.8 ISkO, weil er nach einer gültigen Spielansage den Skat verändert hat. In diesem Zusammenhang habe ich geschrieben, dass dieses Entscheidungsmuster – von den Nullspielen abgesehen – für alle gereizten Spielansagen gilt. Das heißt: Wer während des Reizens eine Spielansage tätigt, die nicht auf ein Nullspiel gerichtet ist, und danach den Skat aufnimmt, verliert das angesagte Spiel gemäß 3.4.8 ISkO. Nach einer neuen Entscheidung des Deutschen Skatgerichts (die ich im weiteren Verlauf noch stark kritisiere) gilt dies nur noch für Handspiele! Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Mitspieler sagt während des Reizens „Grand“ und wird daraufhin Alleinspieler. Anschließend nimmt er den Skat auf, drückt zwei Karten und sagt erneut den „Grand“ an. Seine Mitspieler verlangen Spielverlust wegen 3.4.8 ISkO. Das Deutsche Skatgericht meint jedoch, der Alleinspieler sei durch die Ansage „Grand“ während des Reizens lediglich dazu verpflichtet, sein Spiel als „Grand“ durchzuführen, und dürfe daher den Skat aufnehmen und drücken. Hiermit hat das Deutsche Skatgericht leider eine äußerst unglückliche Entscheidung getroffen, die im totalen Widerspruch zum „Grand-Hand-Fall“ („interessanter Streitfall“ 107) steht. Wenn es dort heißt, die Ansage „Grand-Hand“ während des Reizens sei eine gültige und unabänderliche Spielansage nach 3.4.7 ISkO, dann muss dies auch für die Ansage „Grand“ gelten. Ein Grund, „gereizte Handspiele“ anders zu behandeln als „gereizte Spiele mit Skataufnahme“, besteht nur vordergründig in 2.2.3 ISkO („Bei den Handspielen bleibt der Skat unbesehen liegen. Es stehen für die Spielansage nur die zehn Handkarten zur Verfügung.“). Man könnte argumentieren, die Entscheidung im „Grand-Hand-Fall“ resultiere daraus, dass angesagte Handspiele bei Skataufnahme wegen 2.2.3 ISkO immer verloren werden. Diese Argumentation verkennt jedoch, dass 2.2.3 ISkO keine Folgen für seine Nichteinhaltung androht. Ein Ansehen oder Verändern des Skats nach der Spielansage wird – auch bei der Ansage eines Handspiels – allein gemäß 3.4.8 ISkO sanktioniert. Es macht keinen Sinn, dass 3.4.8 ISkO bei „gereizten Handspielen“ eingreifen soll, bei „gereizten Spielen mit Skataufnahme“ hingegen nicht. Spielansage ist Spielansage – auch während des Reizens. Derjenige Spieler, der während des Reizens ein Spiel mit Skataufnahme ansagt, muss dann auch mit der Konsequenz leben, dass er ein Spiel ohne Skataufnahme spielen muss, bei dem die Berechnungsstufe „Hand“ mangels Ansage nicht berechnet werden kann (3.4.1 S. 2 ISkO). Abschließend bleibt mir nur die Hoffnung, dass das Deutsche Skatgericht seine Entscheidung so schnell wie möglich revidiert, denn ansonsten droht ein undurchschaubares, für keinen Skatspieler verständliches Chaos bei „gereizten Spielansagen“.

„Spielaufgabe“ des Alleinspielers trotz Erhalts aller weiteren Stiche

Der jüngst veröffentlichte interessante Streitfall 134 hat endlich ausdrücklich entschieden, was Skatrechtsexperten schon seit langem klar war: Legt der Alleinspieler seine Karten vor Spielentscheidung auf (bzw. zeigt sie vor) im Sinne von 4.3.4 S. 1 ISkO und bekundet dabei, das Spiel verloren zu haben, dann verliert er sein Spiel, selbst wenn er alle weiteren Stiche erhalten hätte. Zwar kann ein bereits gewonnenes Spiel nicht mehr verloren werden, aber der Alleinspieler hat sein Spiel noch nicht gewonnen, wenn er vor Spielentscheidung das Spiel aufgibt. Deswegen predige ich es immer wieder: Als Alleinspieler sollte man einfach seine Karten auflegen und schauen, was passiert. Der Skat (bei Handspielen), die eigene Schusseligkeit und die Dummheit der Gegenspieler haben nämlich schon für so manche Überraschung gesorgt. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Der Alleinspieler sollte bei der Spielabkürzung immer darauf bedacht sein, die Karten aufzulegen oder vorzuzeigen. Wirft er sie offen hin, gilt 4.3.6 ISkO und die Gegenpartei erhält alle weiteren Stiche. Das gilt selbst dann, wenn der Alleinspieler alle weiteren Stiche gemacht hätte, und das gilt auch unabhängig davon, ob der Alleinspieler durch eine Erklärung zu erkennen gibt, dass er das offene Hinwerfen als Spielabkürzung verstanden sehen will (bei Letzterem würde ich meine Hand aber nicht dafür ins Feuer legen, dass das Deutsche Skatgericht in diesem Punkt meiner Meinung ist). Falls der Unterschied zwischen Auflegen und offenen Hinwerfen nicht bekannt ist: Beim Auflegen haben die Karten, wenn sie erstmals den Tisch berühren, noch Handkontakt, beim offenen Hinwerfen hingegen nicht. Die durchaus vorhandenen Grenzfälle müssen jeweils individuell entschieden werden (Beobachter müssten immer sagen können, ob es sich um ein Auflegen oder um offenes Hinwerfen der Karten handelte).

Spielabkürzung der Gegenspieler bei Nullspielen mit zutreffender Erklärung:

Eine wichtige Entscheidung für die Fortbildung des nicht in der Internationalen Skatordnung verankerten Skatrechts hat das Deutsche Skatgericht in dem vor kurzem veröffentlichten interessanten Streitfall 133 getroffen. Hiernach ist es den Gegenspielern erlaubt, bei Nullspielen eine Spielabkürzung mit zutreffender Erklärung abzugeben. Da die Spielabkürzung für die Gegenpartei bei Nullspielen immer noch nicht in der Internationalen Skatordnung geregelt ist, stellte sich bis zu dieser Entscheidung die Frage, ob hierfür die Grundsätze von 4.3.5 ISkO (Gegenspieler) oder von 4.3.4 ISkO (Alleinspieler) gelten. Bisher war eher Ersteres anzunehmen, da bei Nullspielen derjenige Gegenspieler, der dem Alleinspieler unabhängig von Kartenstand und Spielführung zum Stich verhilft, seine Karten vorzeigen und damit das Spiel zugunsten der Gegenpartei abkürzen konnte (z. B. 10, Bube, Dame, König des Gegenspielers gegen 7, 8, 9, Ass beim Alleinspieler; hier genügte es für den Spielverlust, wenn der Gegenspieler seine vier Piken vorzeigte und, wenn er nicht in Vorhand war, ans Spiel gebracht werden konnte, ohne dass der Alleinspieler das Pik-Ass entsorgte). Es war auch nur logisch, die  Spielabkürzungsgrundsätze, die bei Farb- und Grandspielen für die Gegenpartei gelten, so gut wie möglich auf Nullspiele zu übertragen. Streitfall 133 tendiert nun aber bei der Spielabkürzung der Gegenspieler bei Nullspielen eher Richtung 4.3.4 ISkO. In diesem Fall spielte der Alleinspieler einen „Null Ouvert“ mit der blanken „Herz-8“ als einziger Schwachstelle. Vorhand führte „Herz-7, Herz-9, Herz-10, Herz-Dame, Herz-König, Herz-Ass“, zeigte ihre sämtlichen Karten vor und sagte: „Wenn du ‚Herz-Bube’ gedrückt hast, ist das Spiel für dich verloren.“ Der Alleinspieler hatte „Herz-Bube“ gedrückt, so dass er einen Stich macht und damit sein Spiel verliert, wenn Vorhand die „Herz-7“ ausspielt. Das Deutsche Skatgericht hat in dem Verhalten von Vorhand eine erlaubte Spielabkürzung mit zutreffender Erklärung gesehen, ohne näher auf die allgemeine Problematik der Spielabkürzung der Gegenspieler bei Nullspielen einzugehen. Im Grundsatz ist diese Entscheidung zu begrüßen. Anders als bei Farb- oder Grandspielen (offenes Spiel gemäß 4.3.5 ISkO nur, wenn der vorzeigende Gegenspieler unabhängig von Kartenstand und Spielführung alle weiteren Stiche macht) gibt es nämlich bei Nullspielen aufgrund des anderen Spielziels gegenüber Farb- und Grandspielen keinen Grund, die Spielabkürzung der Gegenspieler gegenüber derjenigen des Alleinspielers anzugleichen bzw. schwieriger zu gestalten. Dies kann jedoch nicht uneingeschränkt gelten. Sobald sich die zutreffende Erklärung auf die Karten oder das Spielverhalten des anderen Gegenspielers bezieht, kann die Spielabkürzung des Gegenspielers beim Nullspiel kaum noch als eine solche mit zutreffender Erklärung betrachtet werden (stattdessen läge ein glatter Kartenverrat vor). Beispiel: Vorhand zeigt ihre Karten beim „Null Ouvert“ vor und sagt zum Alleinspieler in Hinterhand: „Wenn Mittelhand auf meine drei Kreuzen ihre drei Karos abwirft, machst du auf meine ‚Karo-7’ einen Stich.“ Zwar stellt Streitfall 133 eine Neuerung dar, die Entscheidung muss aber so verstanden werden, dass Spielabkürzungen der Gegenspieler bei Nullspielen mit zutreffender Erklärung nicht generell, sondern nur in bestimmten Fällen erlaubt sind. Dabei liegt es nahe, darauf abzustellen, ob ein Gegenspieler im Sinne von 4.3.5 ISkO das Nullspiel des Alleinspielers im Alleingang umbiegen kann oder nicht. Es kommt somit immer darauf an, ob der nicht abkürzende Gegenspieler noch etwas beisteuern muss, um den Alleinspieler einen Stich machen zu lassen. Bloßes „Ans-Spiel-Bringen-Müssen“ des Gegenspielers mit „vier dagegen“ durch den Gegenspieler ohne diese Farbe stellt kein Hindernis für den Spielgewinn dar (Beispiel: Der Gegenspieler zeigt seine Karten vor und sagt: „Wenn ich ans Spiel gebracht werden kann, machst du auf Pik einen Stich, weil ich alle vier Piken dagegen habe.“) Alles andere, insbesondere die Anweisung eines Gegenspielers zum anderen, eine bestimmte Farbe abzuschmeißen, geht jedoch zu weit und verhilft dem Alleinspieler zum Spielgewinn. So auch in Streitfall 133, wenn der „Herz-Bube“ nicht vom Alleinspieler gedrückt wurde, sondern sich auf der Hand des anderen Gegenspielers befindet und von diesem zunächst abgeschmissen werden muss.

Einschränkung von 4.3.6 ISkO bei abgekürzten Nullspielen:

Wer sich im Skatrecht ein bisschen auskennt, der weiß, dass 4.3.6 ISkO („Offenes Hinwerfen der Karten beendet das Spiel für die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen [siehe aber 4.3.1]“) bei der Spielabkürzung des Alleinspielers für die Gegenpartei nur eingeschränkt gilt. Wenn der Alleinspieler seine Karten vor Spielentscheidung ohne Erklärung auflegt und ein Gegenspieler noch einen Stich macht, kann Folgendes passieren: 1. Nur der Gegenspieler, der noch einen Stich gemacht hätte, wirft seine Karten offen hin: Damit billigt er die Spielabkürzung des Alleinspielers, der nun dennoch alle weiteren Stiche erhält und damit sein Spiel gewinnt. 2. Das Gleiche gilt, wenn beide Gegenspieler ihre Karten offen hinwerfen (Entscheidungssammlung, 4.3.4 ISkO, Fall 13, S. 167). 3. Wirft hingegen nur der Gegenspieler, der keinen Stich mehr gemacht hätte, seine Karten offen hin, und hat der Gegenspieler, der noch einen Stich macht, seine Karten auf der Hand behalten, so kann sich der Alleinspieler nicht auf 4.3.6 ISkO berufen (Entscheidungssammlung, 4.3.4 ISkO, Fall 7, S. 163). Im Gegenteil: Trotz 4.3.6 ISkO gibt er alle weiteren Stiche ab, da er selbst bei seiner Spielabkürzung nicht alle weiteren Stiche machen konnte (vgl. 4.3.4 S. 2 ISkO). Bei Farb- und Grandspielen gilt also uneingeschränkt die Formel „Der Spieler, der noch einen Stich macht/machen will, muss die Karten auf der Hand behalten und den Stich für sich beanspruchen.“ Auf Nullspiele kann man die Formel natürlich nicht eins zu eins übertragen (dafür, dass er auf diese Problematik aufmerksam gemacht hat, u. a. mit dem nachfolgend noch angeführten Beispiel, gilt mein Dank Rene „Marvin“ Zimmermann). Schließlich geht es hier für die Gegenpartei nicht darum, möglichst viele Stiche selbst zu machen, sondern darum, den Alleinspieler einen Stich machen zu lassen. Dass der Alleinspieler beim Nullspiel einen Stich erhält, bewerkstelligt aber nicht immer ein Gegenspieler allein. Es gibt Konstellationen, in denen der Alleinspieler nur dann einen Stich erhält, wenn beide Gegenspieler richtig spielen (Beispiel: Der Alleinspieler legt bei einem nicht offenen Nullspiel in Mittelhand seine Karten auf mit „Herz-7, Herz-10“ als Schwachstelle, wobei Vorhand die „Herz-8“ blank führt und Hinterhand „Herz-9, Herz-Dame“ auf der Hand hält). Wendet man die Einschränkungen von 4.3.6 ISkO bei abgekürzten Farb- und Grandspielen konsequent auf abgekürzte, nicht offene Nullspiele an, ergeben sich folgende Grundsätze:  1. Legt der Alleinspieler seine Karten auf und kann noch einen Stich machen und müssen beide Gegenspieler zusammen dafür sorgen, dass der Alleinspieler diesen Stich macht, dann hat der Alleinspieler sein Spiel gewonnen, wenn bereits einer der Gegenspieler seine Karten offen hinwirft. Bei Nullspielen muss nach dem eben Gesagten nämlich die Formel lauten: „Wessen Spielverhalten dazu erforderlich ist, dass der Alleinspieler beim Nullspiel einen Stich macht, der muss die Karten auf der Hand behalten.“ Die Erforderlichkeit des Spielverhaltens bei einem Gegenspieler ist dementsprechend zu bejahen, wenn es für den Stich des Alleinspielers darauf ankommt, welche von mehreren Karten der Gegenspieler spielt oder ob er seinen Partner noch einmal ans Spiel bringen muss usw.  2. Legt der Alleinspieler seine Karten auf und kann noch einen Stich machen und kann ein Gegenspieler alleine dafür sorgen, dass der Alleinspieler diesen Stich macht, dann hat der Alleinspieler sein Spiel verloren, wenn nur der Gegenspieler seine Karten offen hinwirft, dessen Spielverhalten für den Stich des Alleinspielers irrelevant ist. Beispiel: Der Alleinspieler legt nach dem 3. Stich seine Karten beim Nullspiel auf mit 7, 8, 9, Ass in Pik (ein Gegenspieler hat die anderen vier Pik dagegen). Wirft daraufhin der Gegenspieler, der keinen einzigen Pik hat, seine Karten offen hin, kann sich der Alleinspieler nicht auf 4.3.6 ISkO berufen, sondern hat sein Spiel verloren (analog zu Entscheidungssammlung, 4.3.4 ISkO, Fall 7, S. 163). Das gilt unabhängig davon, welcher der beiden Gegenspieler am Spiel ist. Ausnahme natürlich: Wenn der Gegenspieler ohne Pik am Spiel ist und seinen Partner mit den vier Piken nicht mehr ans Spiel bringen kann. 3. Folgerichtig muss gelten: Wenn nur derjenige Gegenspieler, der dem Alleinspieler alleine zum Stich verhilft, seine Karten offen hinwirft, gewinnt der Alleinspieler natürlich auch sein Spiel. 4. Und wenn beide Gegenspieler ihre Karten offen hinwerfen, hat der Alleinspieler sein abgekürztes Nullspiel immer gewonnen. Ob das Deutsche Skatgericht sich meinen Ausführungen anschließt, bleibt abzuwarten. Da diese Problematik nicht sonderlich praxisrelevant ist, wird das Deutsche Skatgericht einen entsprechenden Fall womöglich nie entscheiden müssen.

3-Karten-Skat-Fälle:

Dieser Fall ist ein absoluter Klassiker (Streitfall A6 in „Skat: Streitfälle vor Gericht“): Der Alleinspieler erhält 10 Karten, die Gegenspieler bekommen 10 und 9 Karten, und der Alleinspieler sagt bei (unbemerkten) 3 Karten im Skat einen „Grand-Hand“ an, den er automatisch gewinnt. Auf meine Initiative hin hat das Deutsche Skatgericht kürzlich zwei ähnliche Fälle entschieden. Fall 1 (Streitfall G4 in „Skat: Streitfälle vor Gericht“): Ein Mitspieler (späterer Gegenspieler) erhält vom Kartengeber satte 11 Karten, der zweite Mitspieler (ebenfalls späterer Gegenspieler) sogar nur 9 Karten. Der dritte Mitspieler (späterer Alleinspieler) bekommt 10 Karten und entscheidet das Reizen für sich. Er nimmt den Skat – 2 Karten – auf, drückt aus Versehen 3 Karten und sagt einen „Grand“ an. Die Gegenspieler verlangen nun wegen der 3 gedrückten Karten Spielverlust. Demgegenüber will der Alleinspieler sein Spiel als gewonnen angeschrieben bekommen, da beide Gegenspieler nicht die richtige Kartenzahl auf der Hand haben. Der Kartengeber hingegen will neu geben lassen oder das Spiel als eingepasst behandeln. Entscheidung des Deutschen Skatgerichts: „Ein Schiedsrichter hat zu entscheiden, welches Spiel dem Alleinspieler aus vernünftigen Gründen unter Zugrundelegung des letzten Reizwertes und der Zahl der vorhandenen oder fehlenden Spitzen als gewonnen gutgeschrieben wird. Nachdem der Reizvorgang beendet war, hatte nur eine Partei, nämlich der Alleinspieler, die richtige Anzahl von Handkarten. Beide Gegenspieler haben die erhaltenen Karten nach ISkO 4.5.6 nicht überprüft und die unrichtige Kartenverteilung nach ISkO 3.2.9 nicht vor Beendigung des Reizens gemeldet. Der jetzt begangene Fehler des Alleinspielers kann das Versäumnis der beiden Gegenspieler nicht aufheben.“ Meine Anmerkung: Hiermit hat das Deutsche Skatgericht eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen, zu der ich mich damals nicht durchringen konnte. Folgendes sollte der regelversierte Skatspieler von nun an wissen: Die Berufung einer Partei auf einen Verstoß der anderen Partei gegen 4.5.6 ISkO setzt nicht voraus, dass die reklamierende Partei zum Zeitpunkt der Reklamation die richtige Kartenzahl auf der Hand hat. Dies ist ein wichtiger Punkt, da in allen bisherigen Entscheidungen, in denen eine Partei ihr Spiel wegen eines Verstoßes der anderen Partei gegen 4.5.6 ISkO gewonnen hat (kommt ohnehin nur in den seltenen Fällen vor, in denen 3.2.9 und 4.2.6 S. 1 ISkO nicht eingreifen), die beanstandende Partei zum Zeitpunkt der Reklamation die richtige Kartenzahl auf der Hand hielt. Immer wieder hieß es in diesen Entscheidungen beispielsweise, der Alleinspieler führe die richtige Zahl an Karten auf der Hand. Diese Passagen haben mich derart irritiert, dass ich Streitfall G4 nicht guten Gewissens wie hier entscheiden konnte, da der Alleinspieler eben nicht die richtige Zahl an Karten auf der Hand führt (aber dafür empfangen hat!). Da sich 4.5.6 ISkO auf die Zahl der empfangenen Karten bezieht und nicht auf die Karten, die sich aktuell in der Hand eines Spielers/einer Partei befinden, macht die Entscheidung Sinn und sorgt endlich für Klarheit. Selbstkritik muss aber auch sein, die auf den Punkt gebracht lautet: Ich hätte es besser wissen können. Fall 2 („Side-Case“ in der Entscheidung zu Streitfall A6): Ein Mitspieler (späterer Gegenspieler) erhält vom Kartengeber 10 Karten, der zweite Mitspieler (ebenfalls späterer Gegenspieler) sogar nur 9 Karten. Der dritte Mitspieler (späterer Alleinspieler) bekommt 10 Karten und entscheidet das Reizen für sich. Er nimmt den Skat – 3 Karten – auf, ohne zu bemerken, dass er aus 3 Karten besteht. Nach dem Drücken von 2 Karten sagt er einen „Grand“ an. Die Gegenspieler verlangen daraufhin Spielverlust, weil der Alleinspieler eine Spielansage mit mehr als 10 Handkarten vorgenommen hat. Der Alleinspieler entgegnet, er habe sein Spiel gewonnen, weil ein Gegenspieler nicht die richtige Kartenzahl auf der Hand hat. Der Kartengeber nimmt erneut eine neutrale Position ein und will das Spiel neu geben lassen oder als eingepasst behandeln. Entscheidung des Deutschen Skatgerichts: „Beide Parteien haben bei der Spielansage die unrichtige Anzahl von Handkarten. Aus diesem Grund muss nach ISkO 3.2.9 der gleiche Kartengeber die Karten noch einmal verteilen. Da der Skat vom Alleinspieler aufgenommen wurde, hätte dieser bei der Aufnahme feststellen und reklamieren können, dass sich drei statt zwei Karten im Skat befinden. Bei einer Reklamation wäre dem Alleinspieler ein Gewinnspiel gutgeschrieben worden. Da keine Reklamation erfolgte, muss davon ausgegangen werden, dass die Karten vom Kartengeber nicht ordnungsgemäß verteilt wurden und es sich bei der Behauptung des Alleinspielers, dass sich drei Karten im Skat befanden, um eine Schutzbehauptung handelt.“ Meine Anmerkung: Man könnte meinen, das Deutsche Skatgericht widerspreche hiermit der Entscheidung zum vorherigen Fall. Immerhin hat der Alleinspieler die richtige Kartenzahl empfangen, so dass neues Geben nach 3.2.9 ISkO nicht in Betracht kommt. Wenn man sich allerdings die Kernaussagen dieser Entscheidung zu Gemüte führt, wird deutlich, was das Deutsche Skatgericht wirklich vorhat: 1. Wenn der Alleinspieler einen 3-Karten-Skat aufnimmt und 2 Karten drückt, spricht die ([nur schwer] widerlegbare) Vermutung dafür, dass der Alleinspieler 11 Karten empfangen hat und deswegen nach 3.2.9 ISkO neu gegeben werden muss. 2. Bei 10 Karten auf der Hand und 3 Karten im Skat gewinnt der Alleinspieler selbst dann ein Spiel, wenn er erst nach der Aufnahme bemerkt, dass sich 3 Karten im Skat befinden. Für diese Regelung kann man nur dankbar sein, weil der Alleinspieler in einer solchen Situation keinen Ausweg wüsste. Damit wird auch klar, warum diese Entscheidung zur vorherigen Entscheidung nicht im Widerspruch steht: Entweder reklamiert der Alleinspieler spätestens nach der Aufnahme, dass 3 Karten im Skat liegen (dann Spielgewinn für ihn, wenn er selbst 10 Karten empfangen hat), oder es spricht, wenn er 10 Karten empfangen und nach der Aufnahme des 3-Karten-Skats 2 Karten gedrückt hat, die (widerlegbare) Vermutung dafür, dass er 11 Karten empfangen hat und demzufolge nach 3.2.9 ISkO neu gegeben werden muss. Welch Ironie, dass ich für die Einholung dieser beiden wichtigen Entscheidungen vom Deutschen Skatgericht mit einem lebenslangen Anfrageverbot belegt wurde…Unabhängig davon sind mit diesen Entscheidungen aber noch nicht alle Fragen zu den 3-Karten-Skat-Fällen beantwortet. Um welche es sich dabei handelt und wie mein Versuch aussieht, sie zu beantworten, könnt ihr in einem weiteren Tutorial (klingt – bei englischer Aussprache – besser als Tutorium) im Skatforum 32Karten.de nachlesen. Freut euch auf weitere konstruierte Fälle, die das Deutsche Skatgericht vermutlich nie entscheiden wird (aber hoffentlich irgendwann zu entscheiden hat).

Änderung von 3.2.4 ISkO:

Was hatte ich für einen Bammel vor dem XXIX. Skatkongress, der am 18./19.11.2006 in Altenburg stattfand. Nicht, dass ich dort war und irgendwelche weltbewegenden Veränderungen in die Wege leiten wollte. Nein, ganz im Gegenteil: Ich habe gehofft und gebetet, dass die Internationale Skatordnung nicht geändert wird. So sehr ich Regelverbesserungen gutheiße: Für „Skat: Streitfälle vor Gericht“ wäre es eine Katastrophe gewesen, wenn z. B. die Spielabkürzungsbestimmungen geändert worden wären. Zum Glück konnte man der allgemeinen Stimmung im Vorfeld entnehmen, dass keine Änderungen der Internationalen Skatordnung geplant sind. Aber halt: Eine Änderung hat es dann doch noch gegeben, und zwar eine, wie ich finde, ziemlich witzige (in Anbetracht der Tatsache, dass man unzählige wichtigere und bessere Veränderungen hätte vornehmen können). Es geht um 3.2.4 ISkO (alter Wortlaut: „Abheben ist Pflicht! Es hat so zu erfolgen, dass mindestens vier Karten liegen bleiben oder abgehoben werden.“), dessen Wortlaut um ein einziges Wort verändert wurde: „Abheben ist Pflicht! Es hat so zu erfolgen, dass mindestens vier Karten liegen bleiben und abgehoben werden.“ Wozu das Ganze? Einige Spaßvögel waren der Meinung, es sei nach dem alten Wortlaut erlaubt, weniger als 4 Karten abzuheben, denn so blieben mehr als 4 Karten liegen. Dadurch sei eine der beiden von 3.2.4 ISkO genannten Voraussetzungen erfüllt. Springender Punkt der Argumentation: Durch das „oder“ in der alten Fassung müsse eben nur diese eine der beiden Voraussetzungen vorliegen. Diese Argumentation läuft letztlich darauf hinaus, dass jede Anzahl an abgehobenen Karten (außer 0) zulässig gewesen wäre, da (beim Abheben von 4 + x Karten) immer mindestens vier Karten abgehoben würden oder (beim Abheben von 3 – [x < 3] Karten) mindestens 4 Karten liegen blieben. Rechtfertigt diese Wortklauberei eine Änderung von 3.2.4 ISkO? Nur bedingt. Bereits die auf den Sinn und Zweck der Vorschrift gerichtete Auslegung von 3.2.4 ISkO nach dem alten Wortlaut konnte nichts anderes ergeben als das, was jetzt in der neuen Fassung von 3.2.4 ISkO festgeschrieben ist. Aus dem alten Wortlaut war ersichtlich, dass Mindest- und Höchstanzahl der abzuhebenden Karten festgelegt werden sollten. Das „oder“ sollte nur zeigen, dass es zwei Möglichkeiten gibt, Karten abzuheben, nämlich entweder wenige, aber mindestens 4 Karten, oder viele, aber höchstens 28 Karten. Bei richtiger Auslegung der Norm war dieser also eindeutig zu entnehmen, dass trotz des „oder“ beide Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein müssen. Das war für die meisten so offensichtlich, dass sich kaum einer Gedanken darüber gemacht hat. Deswegen stellt die Änderung von 3.2.4 ISkO selbst für einige Regelexperten eine Überraschung dar. Ich muss mich in diesem Zusammenhang selbst dafür tadeln, dass mir dieses „Problem“ bislang nicht aufgefallen ist (das hätte nämlich einen tollen Streitfall in „Skat: Streitfälle vor Gericht“ abgegeben). Was davon abgesehen aber wirklich ärgerlich ist, ist die schlampige Umsetzung der Neuregelung. Die Neufassung mag klarstellenden Charakter gegenüber der alten Fassung haben, sie ist aber für sich genommen sprachlich eher verunglückt. Da das Abheben der Schlüsselbegriff von 3.2.4 ISkO ist, darf dieser im zweiten Satz (im Zusammenhang mit der Ausführung des Abhebens) nicht erst nach dem Liegenbleiben erwähnt werden. Zudem wird im zweiten Satz nicht deutlich, dass es sich beim Abheben um einen einmaligen und einheitlichen Vorgang handelt. Ich hätte deswegen folgende Fassung von 3.2.4 ISkO bevorzugt: „Abheben ist Pflicht! Es hat so zu erfolgen, dass einmalig mindestens vier Karten abgehoben werden und dabei mindestens vier Karten liegen bleiben.“ Aber klar: Wenn man sich keine weitere Arbeit machen will, macht man eben einfach aus dem „oder“ ein „und“, passt schon irgendwie. Da trifft es sich nur gut, dass man jetzt als Mitglied des Deutschen Skatgerichts einen Schiedsrichterausweis benötigt. Ich muss mich also nicht mit dem ersten Fall zu 3.2.4 ISkO seit Urzeiten befassen, in dem ein Mitspieler meint, zweimaliges Abheben sei zulässig.

Änderung von 4.2.6 S. 1 ISkO

Eine regeltechnisch weitaus relevantere Änderung wurde auf dem XXIX. Skatkongress hinsichtlich 4.2.6 S. 1 ISkO vorgenommen. Damit ist nicht gemeint, dass es nun (wie jetzt auch bei 3.2.9 ISkO) „richtige Anzahl von Karten“ heißt statt „richtige Kartenzahl“. Womöglich springt einem die entscheidende Änderung beim Betrachten der neuen Fassung sofort ins Auge. 4.2.6 S. 1 ISkO: „Besitzt ein Spieler trotz ordnungsgemäßer Kartenverteilung im Laufe des Spiels zu wenig oder zu viel Karten, weil er fehlerhaft gedrückt, doppelt bzw. nicht zugegeben oder es in irgendeiner anderen Form verschuldet hat, ist das Spiel zugunsten der Partei mit der richtigen Anzahl von Karten entsprechend den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 beendet.“ Es heißt nun also, das Spiel sei „entsprechend den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 beendet“ statt „mindestens in der Gewinnstufe einfach“ gewonnen. Hiermit wird klargestellt, dass die Folgen eines Falles von 4.2.6 ISkO sich nach 4.1.3 ISkO bis 4.1.6 ISkO richten. Dies galt bereits nach der alten Fassung für 4.1.3 ISkO bis 4.1.5 ISkO (da es sich hierbei um die allgemeinen Vorschriften für Regelverstöße handelt), nicht hingegen für 4.1.6 ISkO, weil zum Erreichen einer höheren Gewinnstufe (nur) die Möglichkeit des theoretischen Nachweises nach 4.2.6 S. 2 ISkO bestand (und nach wie vor besteht). Das heißt: Wollte eine Partei „nach altem Recht“ bei einem Verstoß der anderen Partei gegen 4.2.6 S. 1 ISkO eine höhere Gewinnstufe erreichen, konnte sie den Nachweis nur theoretisch nach 4.2.6 S. 2 ISkO erbringen, aber nicht im Spiel durch 4.1.6 ISkO, wodurch der Regelverstoß eliminiert worden wäre. Daraus folgt eine wichtige Regelneuerung: Durch den expliziten Verweis auf 4.1.6 ISkO anstelle des postulierten Spielgewinns kann die fehlerfreie Partei nun auch von der anderen Partei in bestimmten Fällen Weiterspielen verlangen (z. B. beim doppelten Zugeben von Karten, nicht aber bei der fehlerhaften Anzahl gedrückter Karten, da dieser vor Spielbeginn begangene Fehler nicht im Spiel korrigiert werden kann). Damit besteht jetzt (jedenfalls laut hier vertretener Auffassung!) erstmals die Möglichkeit, einen Regelverstoß, der erst später bemerkt wird (!), gemäß 4.1.6 ISkO zu billigen, um die andere Partei nach Korrektur des Fehlers noch „Schneider“ oder „Schwarz“ spielen zu können. Beim anderen noch denkbaren Fall dieser Art, nämlich dass Nichtbedienen erst später bemerkt wird, besteht diese Möglichkeit weiterhin nicht, da in 4.2.4 S. 2 ISkO nur auf 4.1.3 ISkO bis 4.1.5 ISkO verwiesen wird, nicht aber auf 4.1.6 ISkO. Ich weiß nicht, ob den Teilnehmern des Skatkongresses, die für diese Änderung gestimmt haben, deren (theoretische) Tragweite bewusst war. Immerhin sollten lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen werden, was darauf schließen lässt, dass eine Änderung der Regellage nicht  beabsichtigt war. Ebenso spricht 4.2.6 S. 1 ISkO davon, dass das Spiel beendet sein soll. Man könnte insofern argumentieren, es handele sich bei der Verweisung auf 4.1.3 ISkO bis 4.1.6 ISkO um die Pauschalverweisung auf die allgemeinen Regelbruchvorschriften, die auch in anderen Normen der ISkO zu finden sei. Diese Argumente sind jedoch alles andere als überzeugend. So sprechen z. B. auch 4.2.8, 4.2.9 ISkO (wo ebenfalls auf 4.1.3 ISkO bis 4.1.6 ISkO verwiesen wird) davon, dass das Spiel beendet sei, trotzdem besteht z. B. für den Alleinspieler aufgrund der Verweisung die Möglichkeit, den Regelverstoß zu billigen und das Spiel fortsetzen zu lassen. Wozu sollte sonst in 4.2.6 S. 1 ISkO auch auf 4.1.6 ISkO verwiesen werden, wenn die Spielbeendigung den Rückgriff auf die Verweisung wieder zunichte machte? Die Spielbeendigungsformulierung ist somit kein taugliches Gegenargument, genauso wenig wie das Argument der Pauschalverweisung. Zwar verweisen die meisten Vorschriften, die Regelverstöße sanktionieren, auf 4.1.3 ISkO bis 4.1.6 ISkO, doch gerade 4.2.4 S. 2 ISkO, wo nur auf 4.1.3 ISkO bis 4.1.5 ISkO verwiesen wird, zeigt, dass die Verweisungen nicht pauschal, sondern mit Bedacht angelegt wurden (oder im schlimmsten Falle eben nicht, aber das wollen wir nicht hoffen). Gleiches gilt für 4.2.6 S. 1 ISkO: Wäre ein Rückgriff auf 4.1.6 ISkO nicht gewollt gewesen, hätte man es bei der alten Formulierung belassen können. Freilich ist diese Änderung für die Praxis weitaus weniger interessant als für die Theorie. Sie gibt einer Partei neben 4.2.6 S. 2 ISkO lediglich eine weitere Möglichkeit, bei einem Verstoß der anderen Partei gegen 4.2.6 S. 1 ISkO noch eine höhere Gewinnstufe zu erreichen. Das heißt: Bei einem Verstoß einer Partei gegen 4.2.6 S. 1 ISkO kann die andere Partei sich nun aussuchen, ob sie den Nachweis des Erreichens einer höheren Gewinnstufe gemäß 4.2.6 S. 2 ISkO theoretisch oder gemäß 4.2.6 S. 1 ISkO i. V. m. 4.1.6 ISkO nach Korrektur des Fehlers im Spiel erbringt. Beide Möglichkeiten sind mit Risiken für die jeweilige Partei verbunden. Beim theoretischen Nachweis nach 4.2.6 S. 2 ISkO können z. B. die Gegenspieler durch perfektes (theoretisches) Gegenspiel, das mit verdeckten Karten nicht immer praktiziert wird, aus dem „Schneider“ kommen, was ihnen mit verdeckten Karten (womöglich) nicht gelungen wäre (Kenner wissen, dass es beim Spiel mit offenen Karten immer noch neue Spielmöglichkeiten und Gewinnwege zu entdecken gibt). Beruft sich aber z. B. der Alleinspieler auf 4.2.6 S. 1 ISkO i. V. m. 4.1.6 ISkO und billigt den Verstoß gegen 4.2.6 S. 1 ISkO (macht ihn also ungeschehen), dann besteht die Gefahr, dass die Gegenspieler nach Korrektur des Fehlers auf einmal einen Gewinnweg finden. Das ist zwar unwahrscheinlich, wenn es dem Alleinspieler um das Erreichen einer höheren Gewinnstufe geht, aber nicht gänzlich ausgeschlossen. Als Skatspieler hat man schließlich schon Spiele erlebt, die man mit „Schneider“ gewinnt, aber verloren hätte, wenn die Gegenspieler von Anfang an anders bzw. „richtig“ gespielt hätten (z. B. wenn „gegenseitiges Rausstechen“ möglich gewesen wäre). Wie dem auch sei: Die Praxis und eine eventuell erforderliche Entscheidung des Deutschen Skatgerichts werden zeigen, ob die von mir vertretene Änderung der Regellage tatsächlich eingetreten ist und wenn ja, ob – was vielleicht noch wichtiger ist – irgendein Spieler jemals davon Gebrauch machen wird.

Änderung von 5.2.8 ISkO

Eine weitere kleine Änderung der Regellage hat sich durch die neue Fassung von 5.2.8 ISkO ergeben. Laut der alten Fassung musste der Alleinspieler im Zweifel das Erreichen der Gewinnstufen „Schneider“ und „Schwarz“ nachweisen. Die neue Fassung erweitert diese Nachweispflicht geringfügig. 5.2.8 ISkO: „Im Zweifelsfall muss die Gegenpartei dem Alleinspieler den Spielverlust und der Alleinspieler das Erreichen von Gewinnstufen nachweisen.“ Womöglich fragt sich manch einer nun: Ist das Nachweisen von Gewinnstufen nicht das Gleiche wie das Nachweisen von „Schneider“ oder „Schwarz“? Das wäre richtig, wenn es außer „Schneider“ und „Schwarz“ keine weitere Gewinnstufe mehr gäbe. Eine weitere gibt es jedoch noch, wie uns 5.2.6 S. 1 ISkO zeigt: „Offen als Gewinnstufe kommt bei offenen Farb- und Grandspielen in Betracht.“ Mit „Schneider“, „Schwarz“ und „offen“ gibt es demnach drei Gewinnstufen, und im Zweifel muss der Alleinspieler nun alle davon nachweisen. Beispiel: Im Zweifelsfall muss der Alleinspieler nachweisen, dass er einen „Grand Ouvert“ angesagt, gespielt und gewonnen hat und nicht nur einen „Grand-Hand, (Schneider-)Schwarz angesagt“, bei dem er nach der Ansage eine sofortige Spielabkürzung vorgenommen hat. Auch diese Änderung ist natürlich für die Theorie wichtiger als für die Praxis, aber im Gegensatz zu anderen Änderungen ist diese sogar ohne jede Einschränkung sinnvoll.

Sonstige Änderungen der ISkO

Die restlichen auf dem XXIX. Skatkongress beschlossenen Änderungen der ISkO beinhalten ausschließlich sprachliche Veränderungen bzw. Verbesserungen ohne jede inhaltliche Bedeutung. Dazu gehört z. B. die Verwendung des Begriffs „Anzahl von Karten“ statt „Kartenzahl“ in 3.2.9, 4.2.6 S. 1 ISkO. In 3.2.3 ISkO findet man nun die Aktivformulierung „sind sie“ (die Karten) vor anstelle eines „ist“ (Passivformulierung). 3.2.8 ISkO wurde sogar dankenswerterweise komplett umformuliert (die alte Fassung war sprachlich wirklich unerträglich). 3.4.8 ISkO hat es ebenfalls erwischt: Statt „Spielstufe“ heißt es nun „Stufe“. Durch diese Änderung sollen anscheinend Irritationen vermieden werden, weil in 3.4.8 ISkO eine Gewinnstufe (5.2 ff. ISkO) gemeint ist (bzw. in diesem Fall eher eine Verluststufe) und der Begriff der Spielstufe in der ISkO ansonsten nicht verwendet wird. Die wichtigste terminologische Neuerung enthalten jedoch 4.2.3, 4.2.4, 4.2.5 ISkO. Hier ist nicht mehr von falschem Bedienen die Rede, sondern von „Nichtbedienen“. Man kann darüber streiten, ob diese Änderung überflüssig oder aber sinnvoll ist. Wer das Beigeben einer Karte allgemein als „Bedienen“ (im untechnischen Sinne) bezeichnet, konnte mit der alten Fassung gut leben. Wer hingegen zwischen Beigeben und Bedienen differenziert, wird mit dem Begriff Nichtbedienen sicher zufriedener sein. Auf dieser Unterscheidung basierend kann man nämlich entweder bedienen oder nicht bedienen. Falsches Bedienen gibt es in diesem Zusammenhang nicht, da man hierfür die Begriffe Beigeben und Bedienen gleichsetzen müsste (wonach dann bereits falsches Beigeben falsches Bedienen wäre). Da sich die Teilnehmer des Skatkongresses aber nicht nur mit begrifflichen Streitigkeiten aufhielten, wurden zusätzlich noch ein paar „Erweiterungen“ und Kürzungen in die ISkO eingebaut. Betroffen ist u. a. 3.4.6 ISkO. Bei dieser Vorschrift wurden die beiden Fälle von 3.4.6 S. 2 ISkO (vor Spielbeginn aufgelegte Karten und bei offenen Spielen aufgelegte Karten) ohne ersichtlichen Grund in 3.4.6 S. 2, S. 3 ISkO aufgespaltet. Mehr Sinn machen demgegenüber die Kürzungen. In 3.4.3 ISkO wurde das Beispiel gestrichen, weil 3.4.3 ISkO denknotwendig nur beim Finden eines Spitzentrumpfes eingreift, so dass die Erwähnung dieses Falles überflüssig war. Ebenfalls weggefallen ist 5.2.4 S. 2 ISkO mit dem klarstellenden Beispiel, dass eine Partei beim Erhalt eines 0-Augen-Stiches „Schneider“ ist und nicht „Schwarz“. So langsam dürften die Skatspieler den Unterschied zwischen „Schneider“ (Augenabhängigkeit) und „Schwarz“ (Stichabhängigkeit) auch begriffen haben.